Ron Flatter: Das Klingen des Herrn Lonnert

Es ist oft ziemlich unfair, wenn man behauptet, dass zu irgendeiner Zeit ein Lied besonders aus der Masse heraussticht. Für das Jahr 2012 gilt dies allerdings für Ron Flatters „Herr Lonnert“, das sich wohl in die Köpfe und Herzen der meisten Elektrohörer eingebrannt hat. Mit seinem unaufgeregten Stil hat sich Ron Flatter eine große Fangemeinschaft erarbeitet. Zu Recht, kann man da nur sagen, wie auch seine Remixe und DJ-Sets beweisen.

Von Sebastian Binder  

Herr Lonnert scheint ein interessanter Mensch zu sein. Entspannt, aber trotzdem voranschreitend. Einfach, aber dennoch von einer nicht zu leugnenden Eleganz. Er sagt nicht viel, aber wenn er einmal seine Stimme erhebt, dann fühlt man, dass jetzt etwas Gewichtiges kommt. Er lädt einen zum Tanzen und Verweilen ein, zum Nachdenken und Zappeln, zum Fröhlichsein und Entspannen. Eine durchaus interessante Schöpfung, dieser Herr Lonnert. Grund genug also, sich einmal mit seinem Schöpfer zu beschäftigen, dessen elektronischer Feder dieser Herr Lonnert entsprungen ist.

Ron Flatter hat mit „Herr Lonnert“ wohl eine der Tanzflur-Hymnen des Jahres 2012 hingelegt. Und hört man sich Sets einer Reihe angesagter DJs an, dann ist man alles andere als überrascht, wenn man plötzlich die unaufdringlichen Klänge der E-Gitarre hört und denkt: „Wie schön, Herr Lonnert schaut mal wieder vorbei.“ Ron Flatter und sein Label „Pour la vie Rec.“ haben es sich zudem nicht nehmen lassen, ein Video zu „Herr Lonnert“ zu drehen, was in der deutschen Elektrolandschaft nicht unbedingt Standard und allein deshalb schon eine Bemerkung wert ist. Als knallharter und ultracooler Elektrohörer ist man beim Ansehen des Films vielleicht zunächst etwas irritiert. So mancher wird sich erstmal gedacht haben: „Bin ich hier in einer Teenie-Romanze gelandet, die versehentlich auf einen starken Soundtrack gesetzt hat?“ Aber weit gefehlt, denn wenn man dem Video bis zum Schluss eine Chance gibt, stellt man fest, dass es eine nicht unintelligente Hommage an den Zufall ist, die man sich durchaus mal zu Gemüte führen kann.

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Aber zurück zu Ron Flatter selbst. Eigentlich kommt er aus der skateboardenden HipHop-Ecke, aber wie so viele, die die goldene Zeit des Raps in den 90ern miterlebt haben, wandte auch er sich irgendwann der elektronischen Musik zu. Vielleicht ist an ihm ein zweiter Tony Hawk verloren gegangen, so viel ist über seine Bretterskills nicht bekannt, aber für Fans elektronischer Soundabläufe hat Ron Flatter definitiv die richtige Entscheidung getroffen. Auf seiner Facebook-Seite beschreibt er seinen Sound als „warmen, groovigen Techhouse, der sich dabei ausgewählter Trance-Melodien bedient.“ Das trifft es wohl ziemlich gut. Mit Tracks wie „Morganita“, „Lelefant“, „Wild Things“ oder „Swim To Live“ beweist er in jedem Fall, dass er hinter den Reglern im Studio mindestens ebenso gut aufgehoben ist wie in der Half Pipe. Und wer nun das Gegenteil behauptet, dem wird Herr Lonnert gleich nochmal ordentlich ins Gewissen reden.

Als Remixer ist Ron Flatter dabei noch deutlich umtriebiger als als Produzent eigener Stücke und so gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Tracks, die mit dem Ron-Flatter-Gütesiegel verdelt wurden. Vielleicht eines seiner besten Edits ist dabei das der amerikanischen Blues-Größe Otis Taylor und dessen Song „Ten Million Slaves“, manchen vielleicht aus dem Jonny-Depp-Film „Public Enemies“ bekannt. Wenn man sich anhört, wie sich Taylors markante Stimme an Flatters Beats schmiegt, könnte man fast denken, dass sie die Nummer zusammen produziert haben und man ist beinahe verwundert, dass es sich hier „nur“ um einen Remix handelt. Aber auch seine Neumischungen von Marco Fender & Andy Kohlmanns „Flowkati“, Benn Finns „It‘s True“ oder Homebases „Camina Del Sol“, um nur ein paar zu nennen, sind gute Nummern geworden, die Ron Flatters Mix-Fähigkeiten deutlich aufzeigen. Eine seiner schönsten Arbeiten in diesem Segment aus der jüngeren Vergangenheit ist dabei aber möglicherweise seine Version von Raumakustiks „Loving The Trees“, die einfach so ultraentspannt daher kommt, dass man als Baumliebhaber die Doppeldeutigkeit des Titels unter Umständen erst auf den zweiten Blick wahrnimmt. Auch bei seinen Remixen wird klar, was den Sound von Ron Flatter auszeichnet: Elektronische Musik muss nicht immer gleich Krawall bedeuten. Es geht auch mal entspannter, mit feinsinnigen Melodien und stimmigen Gesangspassagen. Natürlich darf der Beat hin und wieder durchpumpen, bis man nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Doch es hat auch was für sich, sich in der Harmonie der Musik zu verlieren, nur für einen Augenblick alle Sorgen und Probleme zu vergessen und sich auf der Welle der Beats treiben zu lassen.

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Vielleicht ist dies ebenfalls eines der Hauptgefühle, die Ron Flatter mit seinen Sets transportieren will. Von denen gibt es jede Menge auf seinem Soundcloud-Account und an sich ist jedes davon anhörbar. Wer jedoch wenig Zeit hat, sich aber dennoch mal einen Eindruck davon verschaffen will, was einen erwartet, wenn man zu einem Ron-Flatter-Auftritt geht, dem sei sein Set „The Machine Cast“ empfohlen, das eine äußerst interessante Mischung aus deepen, melodiösen, anschiebenden und dann wieder entspannten Tracks bietet und somit wohl nicht anders beschrieben werden kann, als Ron Flatters Sound selbst.

Zum Schluss kann man nur noch sagen, dass Herr Lonnert zufrieden mit der Musik seines Erbauers sein wird. Mit dieser Behauptung lehnt man sich wahrscheinlich nicht zu weit aus dem Fenster. Bleibt nur die Frage, ob es vielleicht auch eine „Frau Lonnert“ gibt, die sich unter Umständen demnächst einmal der elektronischen Musikwelt vorstellen möchte. Leute, die sie kennenlernen wollen, gäbe es sicherlich genügend.