Kaum ein Produzent in der hiesigen Elektroszene vermittelt derzeit so viel Spaß an 125 Beats pro Minute wie der KlangKuenstler. Seine Tracks sind wahrscheinlich das beste Antidepressivum, das sich für Freunde elektronischer Tanzmusik momentan finden lässt. Dabei war Michas Weg in die elektrolytische Klangkunst keineswegs vorgezeichnet. Um so besser, dass er sich trotzdem für ihn entschieden hat.
Von Sebastian Binder
Wann ist ein Klang Kunst? Wie müssen Geräusche beschaffen sein, um sie nicht als unangenehmen Lärm, sondern tatsächlich als wohlklingende Werke zu empfinden? Das Wort „Klang“ bezeichnet im Deutschen generell das Ergebnis einer musikalischen Komposition. Addiert man nun noch das Wort „Kunst“ hinzu, so ist damit die Vermischung von Musik mit anderen Medien gemeint, die ein Gesamtwerk ergeben sollen. Dabei ist das Geräusch, schnöde oder spektakulär, von besonderer Bedeutung in der Klangkunst. Aber damit soll der Exkurs in das Musik- beziehungsweise Kunststudium, erstes Semester, auch abgeschlossen sein. Beschäftigen wir uns daher lieber mit einer Person, die sich laut ihrem Namen ganz genau mit der „Klangkunst“ auseinandergesetzt hat.
KlangKuenstler zählt derzeit wahrscheinlich zu den frischesten Produzenten, die das Elektro-Genre im Biedermeierland zu bieten hat. Und dabei produziert Micha, so sein richtiger Name, erst seit ungefähr drei Jahren selbst elektronische Musik. „Jetzt Mal ehrlich, nein Michas Vater war kein Musiker und er hat auch nicht schon sein Leben lang Musik gemacht…aber da, als er 2008 auf elektronische Tanzmusik gestoßen ist, begeisterte diese ihn einfach“, heißt es in etwas verschwurbeltem Deutsch auf KlangKuenstlers Facebook-Seite. Wirklich? Nun, dann scheint der Junge auf jeden Fall ein Naturtalent zu sein, denn die meisten hiesigen Elektroproduzenten, die anhörbaren Sound kreieren, haben zumindest ein wenig Instrumental- und Kompositionserfahrung. Wie dem auch sei, dem KlangKuenstler scheint dieses vermeintliche Manko nicht geschadet zu haben, denn wenn man sich seinen Output in den vergangenen Jahren anhört, dann kann man durchaus sagen, dass man es hier mit einer Art Kunst zu tun hat, die vor allem den Ohren des Rezipienten zu schmeicheln weiß.
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Denn die Tracks von KlangKuenstler haben vor allem ein Kennzeichen, das man beinahe als Alleinstellungsmerkmal bezeichnen kann: Sie sind durch die Bank von einem ultra-positiven Vibe getragen. Wenn also der Himmel mal wieder in furchtbarstem, tristen Grau erstrahlt, alles und jeder einen ankotzt und einem die Depression quasi aus den Augen herausläuft, dann sollte man ein paar Lieder von KlangKuenstler einschmeißen und man hat fast eine Garantie dafür, dass die Dunkelheit umgehend aus den Gedanken verschwindet. Am besten beginnt man mit der „Zirkusente“, legt den „Darling“ nach, ein bisschen „Tuba Libre“ als Ergänzung kann sicher nicht schaden und rundet das Ganze mit einer ordentlichen Prise „Zigeunermelodien“ ab. Wer nun immer noch kein Lächeln zustande bringt, der macht weiter mit dem „Pfoetchentango“, taucht ein in die fabelhaft-elektronische Welt der „Amelie“ und konsultiert noch einmal den „Mr. Sandmann“. Wer sich jetzt zu keiner „Freudentraene“ hinreißen lässt, der ist entweder kein Freund elektronischer Musik oder sollte sich einen guten Psychiater suchen. KlangKuenstler schafft es mit seinem Sound, den Hörern Spaß an der Musik zu vermitteln und das ist vielleicht eines der schönsten Komplimente, die man einem Komponisten machen kann.
Zwingende Voraussetzung dafür ist, dass man selbst Freude an dem Sound hat, den man produziert und die ist dem KlangKuenstler in jedem Fall anzumerken. Wer neben den oben genannten Liedern noch einen Beweis dafür haben will, der sollte sich ein paar seiner Remixe über die Trommelfellmembran brennen lassen. Das beste Beispiel, um diese These zu untermauern, ist dabei vielleicht sein Edit von Grieche & Vokals „Kleiner Leuchtturm“, das derart gutgelaunt daherkommt, dass man dieser Nummer keinesfalls böse sein kann, selbst wenn man sie gehört hat, als die Freundin diese Seitensprung-Geschichte erzählt hat. Auch eine starke Nummer ist seine Version von Andrew Tailors „Alright“, die von KlangKuenstler mit dem unbescheidenen Zusatz „Super Remix“ versehen wurde. Nicht ganz zu unrecht, wie man nach dem ersten Hören feststellt. Ebenfalls ein super Remix ist die klangkünstlerische Variante von Munich Motions „Riesenfeld“ geworden, die ebenso erfreut anschiebt wie sein Edit von Wolfgang Lohrs „Funkreich“. Aber wie soll man den Sound von KlangKuenstler nun in die Deep-Tech-Minimal-House-und-was-es-noch-alles-gibt-Kategorien einordnen? Darauf gibt Micha selbst die Antwort, denn er nennt seine Musik „Oldie Tech House“, „Elektronische Straßenmusik“ oder „Lagerfeuer Tech House“. Die häufigste Bezeichnung auf seiner Soundcloud-Seite für seine Tracks ist dabei „Tanzmukke“. Und das trifft es möglicherweise am besten, denn wenn der Sound von KlangKuenstler eine Sache vermittelt, dann ist es Spaß am Tanzen.
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Auch als DJ hat KlangKuenstler eine Art Alleinstellungsmerkmal. Er versteht sich nämlich weniger als DJ, denn als Live-Performer: „Micha fand dem Trend entgegen Dj-Sein eher uncool und spielt deswegen Live nur seine eigene Musik, denn wenn dann die Menschen feiern und sich freuen, ist wirklich er der Held des Abends.“ Nochmal, Bescheidenheit scheint nicht sein Hauptanspruch an sich selbst zu sein, aber warum auch? Bescheidene Künstler sind meistens entweder untalentiert oder sterbenslangweilig. Beides trifft auf den KlangKuenstler nicht zu.
Mittlerweile hat er auch ein eigenes Label mitgegründet, das, wenig verwunderlich, den mit positiven Assoziationen behafteten Namen „Zuckerton Records“ trägt. Vor kurzem ist zudem auf Kallias die „Gluecks EP“ erschienen. Mit dem mit Shemian zusammen produzierten Track „Spiel mir das Lied vom Glück“ schlägt der KlangKuenstler etwas deepere Töne an, die sich aber dennoch äußerst interessant anhören. Und keine Sorge, eine Sache hat sich auch bei diesem Track nicht geändert: Der Vibe bleibt weiterhin positiv. Mal sehen, was die Zukunft der Klangkunst in nächster Zeit noch so bereithalten wird. Zugegeben, ein wenig Vorfreude ist hier ohne Zweifel dabei.