Kim Pixa: Die Prager Schule

Photo by Lucas Ross

Dass nicht nur aus Deutschland guter Elektro kommt, dürfte den meisten Menschen bekannt sein. Zeit also, mal einen Blick ins Nachbarland Tschechien zu werfen und hier einen Künstler vorzustellen, der die Elektro-Szene in Prag sehr genau kennt: Kim Pixa. Dabei ist es nicht so, als würde er die Szene in Tschechien nur positiv sehen, obwohl sie von seinem Sound sicherlich mitgeprägt wurde. Mittlerweile wohnt er in Berlin, aber das hat wohl andere Gründe.

Von Sebastian Binder  

Natürlich liegt ein Fokus dieser Website auf der elektronischen Musikszene in Deutschland. Warum auch nicht, schließlich ist dies eine deutschsprachige Website und es ist wohl keine allzu dreiste Behauptung, dass die elektronische Musik aus diesem Land zum Besten der Welt gehört. Dennoch kann es manchmal spannend sein, einen Blick über die Landesgrenzen hinaus zu werfen. Zum Beispiel zu unseren Nachbarn aus Tschechien. Hier gibt es einen Künstler, der die elektronische Musikszene der Hauptstadt Prag entscheidend mitgeprä(a)gt hat (was für ein Wortspiel…) hat: Kim Pixa.

Bereits Anfang der 1990er kam er mit elektronischer Musik in Berührung, in einer Zeit also, als viele heutige Produzenten und DJs gerade das Laufen lernten, und zwar im realen, nicht im übertragenen Sinne. Es ist daher interessant, seinen Ausführungen über die Entwicklung der elektronischen Musik in Tschechien zu lauschen. „Als es mit der Dance-Musik hierzulande angefangen hat, gab es sehr bald einen riesigen Boom“, erzählt er gegenüber elektro-chronisten.de. „Es gab dieses wunderbar Experimentelle in der Musik, man kann fast von einer richtigen Symbiose aus Musik und Liebe sprechen.“ Doch dieses Hochgefühl hielt nach Kim Pixas Wahrnehmung nicht an: „Heute ist davon leider kaum noch etwas davon zu spüren. Der Kommerz hat alles platt gemacht. Früher gab es viele Underground-Clubs und Guerilla-Parties, heute spielt sich das Geschehen in Mainstream-Diskotheken ab.“

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Pixa selbst begann bereits 1997 mit dem Produzieren von eigener Musik, doch der Durchbruch gelang ihm erst 2005. „Früher habe ich meine Sachen auf CD gebrannt und an die Leute verteilt. Erst 2005 gab mir das australische Label Beef Records die Möglichkeit, meinen Track ‚Closer To Me‘ zu veröffentlichen, der dann auch sehr gut angenommen wurde.“ In diese Zeit fällt auch seine sehr fruchtbare Kollaboration mit Wega unter dem Pseudonym ‚Weki‘, aus der einige schöne Nummern hervorgingen. Wer sich mal selbst ein Bild davon machen möchte, wie guter Elektro aus Tschechien klingt: Ihre Tracks „Burning Lisbon“, „Golem“ oder „Open Your Mind“ sind interessante Titel, aber auch „Night In Rio De Janeiro“ oder „Women On The Seafloor“ sind mehr als anhörbar, nicht zuletzt in den von Kim Pixa selbst beigesteuerten Remix-Versionen. Wenn man dabei schon so lange elektronische Musik macht wie Kim Pixa, dann verändert sich der eigene Sound natürlich fast zwangsläufig, wie er selbst zugibt: „Früher habe ich Techno, House und Elektro produziert, während ich jetzt eher auf der TechHouse-DeepHouse-Schiene angekommen bin. Es soll einfach knackiger, prickelnder Sound sein, wobei die Originalität für mich an erster Stelle steht.“

Einem größeren Publikum, auch außerhalb seines Heimatlandes, wurde Kim Pixa allerdings auf andere Art und Weise bekannt. Er setzte sich gegen zahlreiche Mitbewerber durch und gewann den Beatport-Remix-Contest für Marc Romboys und Ken Ishiis „Taiyo“. Dabei ist die Entstehungsgeschichte um diesen Remix durchaus kurios: „Marc Romboy gehört für mich zu den größten Produzenten und daher war es für mich eine Herzensangelegenheit, bei diesem Contest mitzumachen. Ans Gewinnen habe ich überhaupt nicht gedacht“, erklärt er seine Motivation. „Dummerweise habe ich erst sehr spät von diesem Contest erfahren und hatte daher kaum Zeit. Ich war gerade in Spanien, es hatte gefühlte 50 Grad und ich schwitzte vor meinem Rechner, um das Teil rechtzeitig fertig zu bekommen.“ Nun offensichtlich hat diese Sauna-Atmosphäre ja nicht geschadet. „Stimmt, jedenfalls habe ich eines Tages meine Mails gecheckt und hatte Post von Marc Romboy: Glückwunsch, Du hast gewonnen. Wahnsinn.“ Dabei kann man Marc Romboy durchaus verstehen, denn dieser Remix ist eine dicke Geschichte: Das bedrohliche Wabern der Bassline legt ein an den Nerven zerrendes Fundament, während die hohen Synthies spitze Nadelstiche in die wobbelnde Grundierung reißen.

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Kann es daher Zufall sein, dass die BlackFoxMusic-Crew um den Tagträumer² Kim Pixa auf ihr Label geholt hat? „Ja, das war wirklich Zufall. Ich arbeite gerade an einem Album und bin deshalb nach Berlin gezogen. Ich habe mich mit dem Tagträumer² getroffen und ihm von meinen Album-Plänen erzählt. Ich schickte ihm dann ein paar Sachen und prompt hatte ich am nächsten Tag ein Angebot auf dem Tisch. Ein Angebot, das ich nicht ablehnen konnte.“ Aha, irgendwie kommt einem dieses nicht abzulehnende Angebot doch sehr bekannt vor. Aber man kann wohl davon ausgehen, dass es den BlackFoxMusic-

Photo by Lucas Ross

Leuten weniger darum ging, sich ein Mafia-Image aufzubauen, sondern vielmehr darum, einem talentierten Künstler wie Kim Pixa eine Plattform zu bieten. Denn was er über sein Album erzählt, macht tatsächlich Appetit auf mehr: „Meine Produktion wird auf keinen Fall eine Mainstream-Geschichte werden. Sie soll die Sinne ansprechen und verträumt sein, aber gleichzeitig wird es auch bissige Elemente in ihr geben. Ich bin in den letzten acht Monaten über 30.000 Kilometer gereist. Das hinterlässt natürlich Spuren und die möchte ich in dieses Album einfließen lassen. Daher auch der Titel: Wo ist die Liebe.“ Keine unberechtigte Frage und es wird interessant zu sehen sein, ob sie auf dem neuen Kim-Pixa-Album zu finden ist…