On the road again und wer wäre hierfür ein besserer Begleiter als David Jach? Sein Sound passt sich geschmeidig allen Bildern an, die die Straßen dieses Planeten zu bieten haben. Das gilt nicht nur für seine Kollabos mit Beatamines oder Sonntagskind. Auch seine Remixe sorgen für ein ganz besonderes Flair, wenn man die Asphaltwege dieser Welt abgrast. Also, rein ins Auto, Zündschlüssel um- und David Jach aufgedreht.
Von Sebastian Binder
Die Straße treibt langsam unter den Rädern des Autos vor sich hin, frisst Kilometer um Meile, die Wipfel der Bäume wechseln ihre Silhouetten mit den Spitzen der menschlichen Monumentalbauwerke, alles ist im Fluss, nichts scheint zu stoppen, niemand ist zu bremsen. Und während die Sonne immer wieder aus den Wolken hervorbricht, der Regen vom Wind weggeschwemmt wird, ist es Zeit für Musik, Musik zum Cruisen.
Das Soundsystem schreit, es schreit nach David Jach und wer ist man schon, um ihm diesem Wunsch nicht zu erfüllen? Also hinein in den jachschen Elektro-Kosmos und wenn man schon auf der Straße ist, welcher Track wäre zu Beginn passender als seine mit Beatamines zusammen produzierte Hymne „Roadtrip“? Der Oberkörper beginnt zu wippen, der Bass drückt in die Außenspiegel und der Asphalt scheint mit den harmonischen Synthesizern zu verschmelzen, keine Verpflichtungen, einfach Freiheit, Trips über die Straße. Wenn man nun im Kollabobereich des David Jach angekommen ist, dann sollte man dort eine Zeit lang verweilen, denn mit seinem kongenialen Partner Beatamines hat der Dresdner so manch feine Nummer aus dem Studio in die Welt, auf ihre Straßen geschickt.
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Die Playlist springt auf „How Never“ und für den Bruchteil einer Sekunde wandelt sich das Auto zum Clubtanzflur, verworren zittern schweißgetränkte Körper vor der Windschutzscheibe, Blitze und Rauch brechen durch die Seitenfenster und man ist kurz weit weg, bis man von der Hupe eines entgegenkommenden Autos zurück in die Realität geholt wird. Zeit, sich dem Geschwindigkeitsrausch hinzugeben und was wäre dafür besser geeignet als „Something Soul“, das mit seiner zornigen Bassline beinahe von selbst den Bleifuß aktiviert. Immer schneller fliegen Bäume, Häuser, Obszönitäten an den Augen vorbei und die ersten Silhouetten der Stadt zeichnen sich langsam, aber deutlich am Horizont ab. Man weiß, dass man vom Roadrage-Gedanken abkommen muss, wenn man nicht mit der Staatsmacht in Konflikt geraten will und man schaltet somit lieber auch musikalisch ein, zwei Gänge zurück. Man konsultiert wie David Jach das Sonntagskind und sobald die ersten Takte von „Trompedar“ beginnen, weiß man, dass man auf das richtige Pferd gesetzt hat. Die Stadt streckt ihre ersten vorörtlichen Fühler aus und nun sorgt der „Basar“ für das richtige Feeling. Der Beat treibt das Auto nach vorne, doch das Saxophon erinnert einen daran, dass man ruhig bleiben sollte und bei diesem Sound fällt das nicht allzu schwer.
Die Gebäude beginnen zu wachsen, die Fassaden werden grauer, die Straßen breiter. Auf ihnen säumen gefährlich aussehende Gestalten die Szenerie, unförmige, tiefe Autos mit glitzernden Felgen prägen das Bild. Zeit, in den Ghettomodus zu schalten, aber selbstverständlich wissen auch hier David Jach und Beatamines zu helfen. Ihre brandneue EP namens „Ghetto Fusion“, die auf Keno Records erscheint, bietet genau den richtigen Vibe und wenn man den titelgebenden Track bei offenen Fenstern laufen lässt, dann wird man nicht einmal von grimmigen Typen mit hängenden Hosen und schiefen Caps böse angeschaut. Um die Hood-Party noch ein bisschen auszubauen lässt man auch den zweiten Track namens „Swaggin“ noch laufen und man kann sich nur zu gut vorstellen, wie hierzu die Leute im besten Harlem-Style zur Blockparty zusammenkommen, um bei Bier und Barbecue ein wenig abzufeiern.
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Die Gebäude werden wieder flacher, die Straßen enger und man weiß, dass nun die Zeit der Remixe gekommen ist. Etwas Monströses muss es jetzt sein und was würde sich in dieser Hinsicht besser eignen als David Jachs Killer-Edit von Oliver Schories‘ „Mother“? Der brutale Bass reißt an den Boxen, der Subwoofer droht zu kollabieren, doch man wird den Teufel tun und den Sound leiser stellen, wie meine Mutter immer sagte. Nach dieser brutalen Druckbetankung meldet sich das Trommelfell pfeifend zu Wort und schließlich gibt man nach und lässt es beim jachschen Edit von Andlees „Someone Deep“ wieder ein wenig zu Atem kommen. Die Stadt verschwindet, gelbe Schilder künden von ihrem Ende und die Natur erstrahlt wieder in ihrem schönsten Glanz. David Jachs Remix von Samuel Fachs „First Of May“ läutet ihre Rückkehr standesgemäß, drückend, vielfältig ein. Die Playlist schlägt etwas Geschmeidigeres vor und was wäre in diesem Fall treffender als Gütezeichens „By My Side“, veredelt aus der Jach-Remixschmiede? Das Zwielicht taucht das Szenario außerhalb der gläsernen Scheiben in verträumte Farben und David Jachs und Beatamines Neuinterpretation von Marloses „Avantgardistisch“ unterstützt das kunstvolle Ambiente, beatgetränkte Pinselstriche, die ihr eigenes Kunstwerk in die Hallen der Ewigkeit zeichnen. Die Sonne verschwindet langsam am Horizont, versinkt in den Tiefen der Nacht und der Remix der beiden Protagonisten von Deep Futures „One More Night“ liefert den Soundtrack zu ihrer Ankunft. Die Scheinwerfer des Autos flammen auf und ihr Licht gräbt sich in die Dunkelheit. Immer weiter versinkt es in ihr, irrlichtert, verschmilzt mit ihr. Und zu den David Jachschen Klängen von Just Emmas „Rain Before Dawn“ verschwindet das Auto. Irgendwo in den Schatten, tiefer, immer tiefer, bis es nicht mehr zu sehen, nicht mehr zu hören ist…
Foto-Copyright: David Jach