Monkey Maffia: Urgewaltiges Urgestein

Erfreulicherweise gibt es in der deutschen Elektrolandschaft ein paar Künstler, die schon etwas länger dabei sind und deren Soundentwicklung schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat. Dass das absolut kein Makel sein muss, was Frische und Güte der Tracks angeht, beweist Monkey Maffia. Nicht zuletzt seine neue EP zeigt so manchem aufstrebenden Jungspund, wo heute immer noch der soundlastige Hammer hängt.

Von Sebastian Binder  

Natürlich ist es schön, dass es in der deutschen Elektroszene so viele neue Gesichter gibt. Talentierte, junge Leute versuchen sich darin, anhörbare Tracks zusammen zu schrauben und es sind jede Menge unter ihnen, denen das auf mehr als beachtliche Art und Weise gelingt. Auf der anderen Seite freut man sich trotzdem darüber, dass es auch Künstler gibt, die sich schon mit elektronischer Musik beschäftigt haben, als einige der heutigen Newcomer noch mit Bauklötzen gespielt haben, und die man heute daher fast schon als Urgestein bezeichnen könnte.

Zugegeben, die Person, um die es in diesem Text gehen soll, ist nicht ganz Oskar Sala oder Karlheinz Stockhausen und ihr erstes Album hieß auch nicht „Autobahn“, aber wenn man den Altersdurchschnitt bei den heutigen Künstlern zum Vergleich nimmt, dann ist Monkey Maffia fast schon als Methusalem der technoiden Lebenswelt zu betrachten. Das gilt allerdings nur für sein biologisches Alter, denn sein Sound klingt immer noch so frisch, als hätte er erst gestern sein Musiktalent entdeckt. Und so mancher junge Hüpfer, der verzweifelt an seinem Rechner herumdoktort, würde sich wahrscheinlich wünschen, dass er nur einmal ein halb so gutes Lied zustande bringt, wie sie Monkey Maffia in Serie abliefert. Doch dazu später mehr, beginnen wir als gute Chronisten am Anfang der Geschichte.

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Ende der 80er Jahre des vergangenen Jahrtausends lernten sich Sören Bodner, so der bürgerliche Name von Monkey Maffia, und Gabor Schablitzki in Jena kennen, einer Stadt, die damals noch einer Zone angehörte, die sich Deutsche Demokratische Republik nannte. Ja, liebe Kinder, damals gab es noch Mauern und Blöcke und die Welt drehte sich in einem verstörenden Schwebezustand, der als „Kalter Krieg“ bezeichnet wurde. Wie dem auch sei, nachdem der real existierende Sozialismus ausgedient und der gute Erich festgestellt hatte, dass es in Südamerika doch viel schöner ist, beschlossen Sören und Gabor unter dem Namen „Wighnomy Brothers“ gemeinsame Sache zu machen. Ende der 90er stellte sich dann auch der Erfolg ein und als DJ-Team bereisten sie den ganzen Globus. Doch auch ihr Sound war eine Klasse für sich. Man muss kein Elektronostalgiker sein, wenn bei Tracks wie „La Collazione“ oder „Bobb“ die altersbedingt schon etwas hüftsteifen Gelenke immer noch zu zucken anfangen. Im Jahr 2009 kam dann allerdings die für viele Fans nicht gerade erfreuliche Nachricht, dass Sören und Gabor das Projekt Wighnomy Brothers beenden. Doch glücklicherweise beschlossen beide, solo weiter zu machen: Gabor unter dem Namen Robag Wruhme und Sören eben als Monkey Maffia.

Wie ist also der Sound von Monkey Maffia heute einzuschätzen? In seiner Biographie erhält man darüber Aufschluss: „Er entlarvt den oft strengen Formalismus vieler Tanzflächen mit einer freudvollen Stringenz an Überraschungen gespickt mit Intensität samt Dramaturgie und würzt seine Sounds mit echter Beatcuisine.“ Ah ja, klarer kann man es nicht beschreiben. Manche behaupten sogar: „Er antizipiert das Datenkonvolut des azentrisch elektrolytischen Klangkörpers zu einer Hommage an die technometrischen Akkustikzikaden, deren geräuschfixierter Atmosphärenobolus bewegungsorientierte Homo Sapiens in tantrische Extasenemergenzen versetzt.“ Wie gesagt, das behaupten nur manche. Aber im Ernst, wenn man sich dem maf(f)iösen Klangkonstrukten nähern möchte, dann beginnt man am besten mit seiner neuesten M.M.M.C.3.-EP, die kürzlich auf Freude am Tanzen erschienen ist. Bereits der erste Track „King of se Fussel“ geht runter wie feinstes Feuerwasser, aber brennt dafür auf übelste Sorten nach wie der grausamste Billigwodka. Und genau wie eine Flasche billigen Wodka am nächsten Tag, behält man auch diesen Track im Kopf, im Gegensatz zum Wodka allerdings in positiver Erinnerung. Beim nächsten Song „Rumpelpumpel“ hat Monkey Maffia scheinbar alle verstörenden bis nervigen Geräusche, die er nur finden konnte, auf einen Beat gepackt und herausgekommen ist ein starker Track, den man so sicherlich nicht alle Tage hört. Wer denkt, dass es kaputter eigentlich nicht mehr geht, der wird mit „Fat Track“ eines besseren belehrt, denn dieses Lied ist… es ist… irgendwie… ach, keine Ahnung, einfach mal selbst anhören, vielleicht fällt euch ja eine Zustandsbeschreibung ein. Das sind dabei aber keineswegs die einzigen starken Sachen, die der Jenaer bereits unters Volk geworfen hat. Leuten, die nun neugierig geworden sind, seien zudem seine Tracks „Filter Funk“, „Red Rude Boys“, „Adorn With Flowers“ und eine seiner vielleicht besten Nummern „Sources From The Past“ empfohlen.

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Und auch als Remixer gibt der Dschungelbewohner mit vermeintlicher Cosa-Nostra-Vergangenheit eine gute Figur ab. Wer das nicht glaubt, sollte sich zum Beispiel mal sein Edit von Klinke auf Chinchs „Nieselregen“ anhören, bei dem sogar Tarzan die Liane reißen würde. Aber auch seine Interpretationen von Modern Walkers „Simply Weekend“ oder Gathaspars „She‘s Not From Here“ sind wirklich anhörbare Nummern und sollten in keiner guten DJ-Sammlung fehlen.

Apropos DJing: Dass Sören dieses Handwerk beherrscht, versteht sich mit dieser langen Vergangenheit eigentlich von selbst. Aber wenn man sich ein wenig durch die unzähligen YouTube-Clips klickt, die Monkey Maffia an den Decks zeigen, dann wird einem auch klar, dass das für ihn keine Arbeit, sondern Leidenschaft ist und er selbst nach all den Jahren offensichtlich nichts davon eingebüßt hat. Und ganz nebenbei betreibt er auch noch den Freude-am-Tanzen-Plattenladen Fatplastics mit. Tja, glücklich, wem nicht langweilig ist.

Monkey Maffia hat bewiesen, dass er auch nach der Wighnomy-Brothers-Phase in der Lage ist, starke eigenständige Tracks zu produzieren. Und all den jungen Hüpfern, die sich auf der elektronischen Spielwiese tummeln, demonstriert er mit jedem neuen Release: Frischer Sound hat nichts mit dem Alter zu tun. Für manche Menschen dürfte dies eine Erleichterung sein…

Bild 1: Monkey Maffia by Rene Buschner