Dirty Doering: Schmutzige Beats und sauberer Sound

Velten Doering aka Dirty Doering ist eine der schillerndsten Figuren in der elektronischen Musikwelt. Durch seine Tracks und bärenstarke Remixe hat er sich eine beachtliche Anhängerschaft erarbeitet, die nicht zuletzt durch seine bemerkenswerten Auftritte immer weiter wächst. Höchste Zeit also, sich einmal eingehender mit Dirty Doering zu beschäftigen und herauszufinden, was seinen Sound eigentlich ausmacht.

Von Sebastian Binder  

Schmutzig und dreckig sind zwei ambivalente Wörter. Für Ordnungsfreaks, deren bewohnter Mikrokosmos klinisch besenrein ist und stets frühlingsfrisch duftet, dürften sie wohl zu den schlimmsten Wörtern gehören, die der deutsche Wortschatz zu bieten hat. Für Musikfreaks sind die Wörter schmutzig und dreckig dagegen häufig mit positiven Assoziationen verbunden. Schmutzige Beats und dreckige Basslines lassen bei so manchem Fan, nicht zuletzt im elektronischen Musikbereich, das klangtechnisch versaute Herz deutlich höher schlagen.

Es ist nicht ganz klar, ob sich Velten Doering aus diesem Grund seinen Künstlernamen Dirty Doering verpasst hat. Vielleicht gefällt ihm auch nur das alliterationsmäßig Eingängige daran. Oder es hat einen ganz anderen Grund, den man aus Jugendschutzgründen auf dieser Seite nicht schreiben darf. Wie dem auch sei, jedem, der sich für elektronische Musik interessiert, sollte der Name Dirty Doering jedenfalls ein Begriff sein. Geboren in Leipzig und aufgewachsen im beschaulichen Schwarzwald, zog es Velten bereits früh in das Herzstück der pulsierenden Beats: Berlin. Hier konnte er seine Karriere als Underground-DJ pushen und schnell gelang es ihm, Bookings in Läden wie dem Watergate, Tresor und der Bar 25 zu ergattern. Bereits 2002 schmiss er seinen ersten Track „Pappfilter“ auf den Markt und schon hier konnte man sicher sein, dass es nicht das Letzte gewesen sein wird, was man von Dirty Doering zu hören bekommt. 2007 bewies der „schmutzige“ Doering dann einen feinen Sinn für Ironie und nannte seinen damals neuesten Streich „Saubermann EP“, unter anderem mit den Waschmaschinentracks „Weichspüler“, „Schongang“ und „Schleudertrauma“. Vor allem letzteres klingt auch heute noch richtig dreckig und jeder, der hin und wieder mal ein paar unreine Gedanken hat, sollte sich diese ambivalente Saubermannnummer einmal anhören. Endgültig aus dem Untergrund und hinein in ein breiteres Bewusstsein tauchte Velten 2010 mit seinem Track „I Would“. Diese superentspannte Nummer mit der markanten Gitarrenmelodie wird schon so mancher elektronische Fan bei der Afterhour gehört und die aufgehende Sonne dazu genossen haben. Fast noch einen Tick besser ist sein Track „Bye Bye Bar 25“, der eine Hommage an die legendäre Berliner Partylocation ist, die im Jahr 2010 geschlossen wurde. Aber auch Tracks wie „Casino Aquatique“ oder „Eté Pluvieux“ sind es wert, einmal genauer unter die Lupe genommen zu werden.

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Die Anzahl eigener Tracks ist im Fall Dirty Doering verhältnismäßig gering, was wohl nicht zuletzt dadurch zu erklären ist, dass er bereits eine Vielzahl an Remixen herausgebracht hat, von denen die meisten wohl schlicht und ergreifend mit dem Prädikat „Hammer“ versehen werden dürfen. Eigentlich ist es egal, an welcher Stelle man nun anfängt, also starten wir einfach mal mit Niconés (feat. Narra) ohnehin schon monströser Nummer „Caje“. Irgendwie schafft es Dirty Doering in seiner Version noch ein paar Prozent mehr aus diesem Track herauszukitzeln, was wohl allein schon seine Qualitäten als Remixer unterstreicht. Ebenfalls eine starkes Teil ist sein Edit von Consoles „Cutting Time“ geworden. Das Video zum Track (11. Lied in der Playlist) gehört übrigens zum Verstörendsten, was man in der deutschen Elektrowelt in den letzten Jahren gesehen hat. Wer schon auf Stanley Kubricks „Shining“ nicht klargekommen ist, sollte von diesem Video definitiv die Finger lassen. Deutlich weniger geisteskrank kommt der Dirty Doering Remix von Housemeisters „Sommer“ daher. Zwar aus dem vergangenen Jahr, doch nachdem die geschundenen Deutschen nun endlich von der heißen Jahreszeit beglückt werden, kann man diese Nummer mit bestem Gewissen mal wieder auflegen. Ebenfalls eine sehr interessantes Stück ist sein Edit von Bonapartes „Wir sind keine Menschen“ geworden. Das Original macht zunächst nicht wirklich den Eindruck, als könnte man es in des Kaisers neue Elektrokleider pressen, aber Dirty Doering gelingt hier eine bemerkenswerte Verwandlung, an der wohl auch so mancher Trash Visual Punk seine Freude haben dürfte. Wie gesagt, Dirty Doering hat schon eine Vielzahl äußerst anhörbarer Remixe produziert und so viel sei versichert: Schmutzig in der negativen Konnotation fühlt man sich nach dem Anhören bei keinem. Der Suchbegriff „Dirty Doering Remix“ bei YouTube erfüllt also in jedem Fall seinen Zweck, wenn man ein paar schöne Stunden mit guter Musik verbringen will. Wer es trotzdem konkreter mag, dem seien zum Segmentabschluss noch seine Versionen von Smash TVs „Matematico“, Sascha Sonidos „El Mariachi“ und natürlich von Lexy und K-Pauls „Your Name“, das er mit Sascha Cawa produziert hat, ans Herz gelegt.

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Natürlich wird Dirty Doering als DJ wahrscheinlich von den meisten zunächst mit der Bar 25 in Verbindung gebracht. Was legitim ist, denn selbstverständlich war nicht zuletzt Velten an den Decks für viele unvergessliche Nächte dort verantwortlich. Man macht allerdings einen Fehler, wenn man denkt, dass sich das auflegende Spektrum von Dirty Doering nur um den Berliner Strand-Butzen-Keller-Mikrokosmos dreht. Das zeigt seine nicht unspektakuläre Liste an Bookings, die ihn schon an so illustre Orte wie die „Fabric“ in London, das „Nadsat“ in Kopenhagen oder das „Sonar Festival“ in Spanien geführt hat. Zudem finden sich Stopps in Moskau, Tel Aviv und Mexiko in seiner Tourlist. Verwunderlich ist das dabei keineswegs: Wenn man sich seine Sets anhört, spürt man neben jeder Menge Energie auch eine gehörige Portion Liebe zum Detail, sodass einem beim Zerschmelzen dieser Teile im Trommelfell schnell klar wird, warum Velten mittlerweile auf der ganzen Welt gefragt ist.

Doch damit nicht genug, auch als Labelbetreiber hat sich Dirty Doering über die Jahre einen Namen gemacht. Angefangen mit „ALLYOUCANBEAT“ über „Rauschenbach Music“ ist er nun bei „Katermukke“ angelangt und hat bei jeder dieser Stationen die Elektrofans stets mit feinster Musik versorgt.

Man sieht also, die Erzählung über Dirty Doering ist eine kleine, schmutzig-dreckige Geschichte. Eine schmutzig-dreckige Erfolgsgeschichte, wohlgemerkt. Und in diesem Fall sogar ohne jede Ambivalenz.