Langsam scheint das Licht am Ende des finsteren Coronawinter-Tunnels sichtbar zu sein: Die Forderungen nach Öffnung der Clubs werden immer lauter – und erste Perspektiven zeichnen sich ab. Müssen wir nur noch kurz durchhalten? Die wichtigsten Fragen und der Versuch, ein paar Antworten zu geben…
Von Sebastian Binder
Vielleicht hat uns Corona vor allem zwei Sachen in den letzten beiden Jahren gezeigt. Erstens: Hoffen darf man immer. Und zweitens: Sicher ist in diesen Zeiten gar nichts. Das gilt insbesondere für die Veranstaltungsbranche, die von der Pandemie wohl so hart getroffen wurde wie kaum eine andere Sparte. Vor allem das ständige „Auf und zu, auf und zu“ hat nicht nur einen Großteil des Partyvolks mürbe gemacht, sondern vor allem die Veranstalter von Festivals, die Organisatoren von Events, die Betreiber von Clubs in den Wahnsinn und – deutlich schlimmer – in den Ruin getrieben.
Denn eines lässt Corona definitiv nicht zu, wie uns die vergangenen knapp 24 Monate vor Augen geführt haben: Verlässliche Perspektiven. Und so will man auch dieser Tage seine Euphorie nicht allzu laut hinausschreien, wenn es mal wieder heißt: Demnächst könnten die Clubs aufmachen. Ok, das klingt erstmal nicht schlecht, wobei jeder halbwegs informierte Mensch heute immer automatisch den mittlerweile meist unausgesprochenen anschließenden Halbsatz mitdenkt „… wenn es das Pandemiegeschehen zulässt.“
Clubs in Deutschland sollen im März wieder öffnen dürfen
Nach übereinstimmenden Medienberichten heißt es, dass bereits im März Clubs und Discotheken wieder öffnen dürfen – das wären also nur noch wenige Wochen, die man auf das dringend benötigte Tanzen verzichten muss. Warum auch nicht, werden sich manche fragen, der Scheitelpunkt der Omikron-Welle ist laut Experten bis dahin überschritten, eine Überlastung der Krankenhäuser wohl nicht mehr zu befürchten. Von den finanziellen Schäden, die jeder weitere Tag ohne Betrieb in der Branche anrichten, mal ganz zu schweigen.
Natürlich bleiben zunächst einmal Fragen nach der praktischen Umsetzung, wobei die 2G(plus)-Regelungen aus dem vergangenen Herbst bereits erprobt sind und auch im Frühjahr wieder zur Anwendung kommen dürften. Wobei man ja weiß, dass „Die Clubs sind offen“ in Berlin gerne mal was anderes bedeutet als in München. Doch nehmen wir einmal an, die Politik einigt sich bei den nächsten Beratungen tatsächlich darauf, das Nachtleben tatsächlich wieder auf die zweite Worthälfte zu fokussieren: Leben. Und nehmen wir einmal an, die Betreiber von Clubs und anderen Partylocations schließen ihre Tore wieder auf. Wie geht es dann weiter?
Kommt das Partyvolk in die Discos zurück?
Wird das Feiervolk in Scharen in die Clubs strömen und sich auch von etwaigen Coronatests, Masken und sonstigen Unannehmlichkeiten abhalten lassen? Werden die Locations noch denselben Charme haben wie früher oder muss mittlerweile am Personal gespart und die Preise erhöht werden? Und schließlich: Ist das dann jetzt dank Omikron endlich von Dauer oder kommt spätestens im Herbst die neue Mutante und das „Auf-zu-Spielchen“ geht von vorne los?
Während man die ersten beiden Fragen nach den Erfahrungen der Vergangenheit halbwegs zuverlässig beantworten kann, ist die dritte einmal mehr der große Unsicherheitsfaktor. Denn ja, die Leute haben weiterhin Bock zu feiern, scheiß auf das neue „Normal“ mit Test und Maske, auch wenn selbstverständlich jeder gut drauf verzichten kann. Und selbst wenn es mal fünf Minuten länger dauert, bis man die Jacke abgegeben hat, das Bier einen und der Eintritt sogar drei Euro mehr kostet, so what? Klar wird sich der ein oder andere Pfennigcentfuchser darüber aufregen und wütende Kommentare auf Social Media absondern, aber wenn das bedeutet, dass Clubs wieder aufmachen und DJs, Barpersonal, Securities und Co. wieder ihrer Arbeit nachgehen können, dann zahle ich gerne ein paar Euro mehr.
Feste feiern, wie sie fallen…
Bleibt also die dritte und möglicherweise entscheidende Frage. Und hier wird es schon deutlich komplizierter, denn eigentlich konnte man sich während Corona nur auf eines verlassen: Dass man sich auf nichts verlassen kann. Sicherlich würde man den Clubbetreibern gerne sagen, dass es das jetzt war mit dieser verdammten Pandemie und dass in wenigen Monaten alles wieder so sein wird wie 2019. Aber wer von uns traut sich das? Wer würde sein Jahresgehalt darauf verwetten, dass Corona keinen zusätzlichen, spaßbefreiten Schlenker mehr im Köcher hat und am Ende des Jahres nur noch eine unangenehme Erinnerung in unseren verstrahlten Köpfen ist?
Aber gut, wir wollen heute mal nicht zu schwarz malen und sollten uns einfach darüber freuen, dass es in offenbar sehr absehbarer Zeit wieder ein Nachtleben in unserem Land gibt, das diesen Namen auch verdient. Denn noch eines hat Corona uns gelehrt: Man muss die Feste feiern wie sie fallen. Wer weiß schon, was morgen ist…