Am 4. März dürfen endlich die Clubs in Deutschland wieder öffnen, unter anderem in Berlin. Grund genug, mal bei Daniel Jakobson von der Clubcommission nachzufragen, wie derzeit die Stimmung unter den Clubbetreibern ist, wie die Maßnahmen zur Öffnung bewertet werden und welche Perspektiven es für die Zukunft gibt.
Von Sebastian Binder
Das Licht am Ende des freud- und partylosen Coronatunnels – es ist endlich zu sehen. Vor allem für die Clubs gab es zuletzt gute Nachrichten, zum 4. März dürfen sie in Berlin und anderen Bundesländern wieder aufmachen, natürlich vorerst noch mit Auflagen.
Viele der Berliner Clubs haben sich im Rahmen der schrecklichen Ereignisse in der Ukraine dazu entschlossen, einen Teil der Einnahmen der Kriegsopfer zukommen zu lassen. Eine Liste mit teilnehmenden Clubs findet ihr hier auf der Website der Clubcommission.
Wir haben uns mal Daniel Jakobson, Communications Manager bei der Clubcommission Berlin, die sich für die Interessen der Partylandschaft in der Hauptstadt einsetzt, unterhalten. Und haben so ein paar interessante Einblicke zu den Corona-Maßnahmen, was sie für die Clubs bedeuten, aber eben auch zur Clubcommission selbst bekommen.
Was ist die Clubcommission eigentlich?
Daniel Jakobson: Die Clubcommission ist seit 2001 ein eingetragener Verein. Gegründet wurde sie bereits Ende der 90er Jahre vor allem mit dem Hintergrund, dass die Berliner Clubszene immer mehr Probleme mit Polizei und Behörden hatte, etwa durch Razzien und der damit verbundenen Schließung von Clubs. Die Betreiber hatten damals festgestellt, dass es nichts bringt, wenn man sich mit diesen Problemen einzeln an die Politik wendet und haben sich deshalb zusammengeschlossen. Aktuell hat die Clubcommission etwa 320 Mitglieder, darunter die großen Berliner Locations, aber eben auch Veranstalter, Aktivisten und Fördermitglieder. Wir sind übrigens der erste und größte Verband für regionale Clubkultur weltweit.
Was genau sind dann die Aufgaben der Clubcommission?
Daniel Jakobson: Sie vertritt in erster Linie die Interessen der Berliner Clubszene, etwa indem sie mit Politikern, Behörden, der Wirtschaft oder eben der Presse spricht. Es geht darum, die Vielfalt der Berliner Clubkultur zu erhalten und Strukturen zu etablieren, damit diese sich weiterentwickeln kann. Wir arbeiten zudem an konkreten einzelnen Projekten, zum Beispiel haben wir die Awareness-Akademie ins Leben gerufen, die sich etwa mit Diskriminierung in der Clubszene auseinandersetzt.
Kommen wir zur aktuellen Situation: Die Berliner Clubs können am 4. März wieder aufmachen. Wie ist denn die derzeitige Lage der Clubs vor diesem Datum?
Daniel Jakobson: Die Stimmung ist nach unserer Einschätzung optimistisch. Die Vorbereitungen laufen und es wird nach Personal gesucht. Natürlich waren die vergangenen beiden Jahre eine sehr starke Belastung, da das Kerngeschäft – Menschen zum Tanzen zusammen zu bringen – meistens nicht stattfinden konnte. Wobei die Clubkultur hier in der Hauptstadt weitestgehend intakt geblieben ist, da die Regelungen mit Coronahilfen und Kurzarbeit ganz gut funktioniert haben. Corona-bedingte Schließungen hat es in Berlin kaum gegeben. Trotzdem bleiben die kommenden Monate eine große Herausforderung für die Clubs und wir hoffen, dass alle weitestgehend unbeschadet aus der Krise herauskommen.
Die Berliner Clubs dürfen unter 2G+-Voraussetzungen öffnen, Masken müssen nicht getragen werden, Tanzen ist erlaubt. Allerdings müssen sich auch Geboosterte testen lassen und es gibt eine Begrenzung auf maximal 2.000 Besucher. Ist das die richtige Öffnungsstrategie?
Daniel Jakobson: Die Möglichkeit, überhaupt erst einmal ohne Abstand, Maske und mit Tanzveranstaltungen wiederzueröffnen, ist für die Clubs ein wichtiger Schritt. Wir sind mit vielen Betreibern und Veranstaltern im engen Austausch und sie sehen das auch so. Wenn wir uns die Berliner Clubs und deren Kapazitäten anschauen, dann gibt es nur eine Handvoll großer Clubs, die auch Veranstaltungen mit mehr als 2.000 Personen umsetzen könnten. Die Personenobergrenze ist für die Clubs also auch keine tatsächliche Einschränkung. Den zusätzlichen Test für alle Besucher können wir als Vorsichtsmaßnahme gut nachvollziehen. Testcenter gibt es nach wie vor an jeder Ecke und die Tests sind kostenlos. Auch das Publikum hat diese Maßnahme größtenteils positiv aufgenommen. Ihnen gibt es eine zusätzliche Absicherung, dass das Infektionsrisiko im Club möglichst gering gehalten wird und sie trauen sich deshalb möglicherweise schon früher zurück ins Berliner Nachtleben.
Wie sehen die Betreiber der Clubs die Corona-Maßnahmen?
Daniel Jakobson: Die Betreiber wollen natürlich in erster Linie, dass sich möglichst wenige Leute in ihren Clubs anstecken. Das gilt ebenso für ihr Personal vor allem aus gesundheitlicher Sicht, aber eben auch aus wirtschaftlicher, da Personal sowieso knapp ist und Ausfälle nur schwer kompensiert werden können.
Kommen wir mal auf die Partyszene selbst zu sprechen. Gibt es momentan überhaupt diesen großen Hunger der Leute zu feiern?
Daniel Jakobson: Das Bedürfnis zu feiern ist nach diesem harten, einsamen Winter unserer Einschätzung nach sehr, sehr groß. Klar wird es Leute, die erst einmal abwarten, ob das Ganze sicher ist. Aber auch als letzten Herbst die Clubs wieder aufmachen durften, konnte man ja bereits beobachten, dass die Schlangen vor den Locations größer waren als vor der Pandemie.
Hat sich die Clubkultur durch die Pandemie dauerhaft verändert?
Daniel Jakobson: Ich glaube, einerseits wird es irgendwann wieder wie vor Corona sein, andererseits wird es natürlich Veränderungen geben. Zu 2019 zurückkehren können wir gar nicht, da hat es in der Zwischenzeit zu viele gesellschaftliche, aber eben auch individuelle Entwicklungen gegeben. Das Bewusstsein für ein neues Miteinander, für Achtsamkeit ist während Corona sehr viel größer geworden. Das sind gute und wichtige Entwicklungen, die helfen werden, die Clubkultur inklusiver und offener für alle zu gestalten.
Wir haben mit der Öffnung nun den ersten Schritt, wie sollte sich der Betrieb der Clubs in den nächsten Monaten weiterentwickeln?
Daniel Jakobson: Wir haben kürzlich eine Befragung unter den Clubbetreibern durchgeführt, bei der sich die überwiegende Mehrheit dafür ausgesprochen hat, dass die Belegung der Intensivstationen als wichtigster Maßstab genutzt werden sollte. Wenn diese wie derzeit weiterhin nicht am Anschlag sind, sollten weitere Öffnungsschritte angegangen werden, wie sie jetzt glücklicherweise auch beschlossen wurden. Da vertreten auch die Clubs unterschiedliche Standpunkte, manche wollen schneller lockern, andere sind wiederum vorsichtiger. Idealerweise erreichen wir, was einschränkende Maßnahmen betrifft, irgendwann wieder den Zustand wie vor der Pandemie, und das eben langfristig und nachhaltig. Dass das aber noch eine Weile dauern wird, ist allen klar.
Welche Projekte hat die Clubcommission mal abgesehen davon noch in der Pipeline, die in den nächsten Monaten anstehen?
Daniel Jakobson: Aktuell läuft noch eine Umfrage zur Bedeutung der Berliner Clubkultur für Publikum, Personal, Veranstalter und Künstler, mit der wir sehr viele Leute erreichen konnten und die wir in nächster Zeit auswerten. Dazu wird es dann auch eine Publikation geben. Unsere Free-Open-Air-Initiative, die sich um die Planung der Open-Air-Saison kümmert, ist sehr aktiv. Hier gibt es Mitte März eine größere Schulung für den Nachwuchs, bei der die Leute lernen, wie man in Berlin ein Open Air organisiert. Wir wollen zudem wieder den Tag der Clubkultur veranstalten, den wir bereits in den letzten beiden Jahren organisiert haben, bei dem unter anderem Clubs und Initiativen für ihr Engagement ausgezeichnet werden. Zudem haben wir natürlich immer Beratungsangebote für Clubbetreiber, etwa zu Themen wie dem Kurzarbeitsgeld.
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