Natürlich ist es Schwachsinn, gute Musik über Klickzahlen auf YouTube oder Facebook zu definieren. Und doch hat man aufgrund dieser Zahlen hin und wieder das Gefühl, dass manche Künstler nicht genügend gewürdigt werden. Arts & Leni sind hierfür ein gutes Beispiel. Denn aufgrund ihres reichhaltigen Sounds, der verschiedenste Einflüsse kombiniert, müssten ihre Klickzahlen eigentlich schon im Millionenbereich liegen. Mindestens.
Von Sebastian Binder
Manchmal, wenn man auf YouTube nach elektronischer Musik sucht, beschleicht einen dieses unerfreuliche Gefühl, das fast ein wenig an Wut grenzt und das einen am Musikverstand der Masse zweifeln lässt. Man findet ein geniales Lied, das man zwei-, drei- oder viermal hintereinander abfeiert und man denkt sich: Wow, was für eine Spitzennummer. Doch dann fällt der Blick irgendwann auf die Klickzahlen und man schüttelt den Kopf: Kann das wahr sein? Kann es wirklich sein, dass sich diese geniale Nummer tatsächlich nur ein paar hundert Leute angehört haben? Was ist nur los mit den Menschen? Wieso haben lieblos zusammengeschusterte Lieder irgendwelcher Castingbands hunderttausende Klicks auf YouTube und andererseits dann diese Musik, bei der man merkt, dass die Künstler hier Herzblut reinstecken, bei der einem klar ist, dass diese Leute genau diese Musik wirklich machen wollen, warum hat man hier den Eindruck, als würde der Sound dieser Produzenten nicht annähernd die Würdigung erfahren, die ihm eigentlich gebührt?
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Ein gutes Beispiel für diese Beobachtung sind Arts & Leni. Von der Güte des Sounds her müsste eigentlich jedes einzelne Lied der beiden mindestens eine fünfstellige Klickzahl auf YouTube haben. Haben sie aber nicht. Die Gründe dafür sind schleierhaft, denn was frische Musik mit elektronisch-fröhlichem Schubeinschlag angeht, spielen Arts & Leni in der ersten Liga der deutschen Elektroszene. Im Februar 2011 starteten Karsten aka Arts und Daniel aka Leni ihr gemeinsames Projekt unter dem Namen… naja, wir kennen ihn ja bereits. Jedenfalls brachten sie dann bereits zwei Monate später ihre „Super Tony E.P.“ auf Ton liebt Klang heraus. Es ist nicht ganz klar, wer dieser Tony ist, aber Fakt ist, dass er mit seiner kleinen Violine richtig gut umgehen kann. Denn mit „Tony And The Little Violine“ zeigten Arts & Leni überdeutlich, wie frischer TechHouse (für Leute, die gerne kategorisieren) zu klingen hat. Treibend, fröhlich und mit einer quietschenden Melodie, bei der man auch mal Lachen darf. Dass Arts & Leni in der Lage sind, zahlreiche Einflüsse aus allen möglichen Musikrichtungen in ihrem Sound zu verarbeiten, haben sie in der Folge gezeigt. Ihre Tracks wie „Kumbh Meia“ oder „African Basar“ verarbeiten Elemente aus dem reichhaltigen Musikschatz Afrikas und vor allem letzteres geht ab wie ein wildgewordener Clan Hyänen in der Serengeti. Aber auch ihre Ausflüge in die elektronische Swingrichtung wie „Trumpet Swing“ oder „Pauken & Trompeten“ sind sehr interessante Nummern geworden, die sich in diesem Segment des Elektro keineswegs zu verstecken brauchen. In diese Kerbe schlägt ebenfalls ihr neuestes Werk, die „Saloon Trumpets E.P.“, die sie zusammen mit Rauschhaus herausgebracht haben. „Saloon Trumpets“ ist ein starkes Lied, aber vor allem Arts & Lenis Remix von Rauschhaus‘ „All Night Long“ ist „Murder On The Dancefloor“, um mal den Liedtitel einer Künstlerin zu zitieren, deren Videos auf YouTube etwas häufiger geklickt werden.
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Womit wir beim zweiten Thema wären: Remixe. Auch hier haben Arts & Leni bereits einen sehr ausgereiften Fundus produziert. Am besten startet man einfach mal mit ihrem Edit von KlangKuenstlers „Goldbläserdirigentin“, mischt dann ihre Version von Kanzler & Wischnewskis „Volture“ mit rein und da aller guten Dinge drei sind, schiebt man noch den Arts & Leni Remix von Stefan Trummers „Hinterzimmergedudel“ nach. Damit hat man schon mal einen feinen Einstieg in die Geremixedte-Arts-&-Leni-Welt. Wer nun Blut geleckt und so richtig Lust auf gute Laune hat, der zieht sich nun ihr Edit von Stereo Express‘ „Bootaleeza“ rein, das so bombastisch-fröhlich angerumpelt kommt, dass man einfach mitschunkeln muss, egal, ob man nun Elektrofan ist oder erst noch einer werden möchte. Dieses Lied hat auf YouTube übrigens auch eine standesgemäße fünfstellige Klickzahl, also Leute, es geht doch, warum nicht immer so?
Wenn Arts & Leni nicht im Studio sitzen, sondern an den Decks stehen, ist ebenfalls einiges geboten. Auf Soundcloud nennen sie ihre Sets „Frühjahrs-Erwachen“, „Rhythmische Sommergymnastik“ und „Musikalisches Herbstvergnügen“. Aber wo ist eigentlich der „Winter-Nichttiefschlaf“? Egal, auf jeden Fall merkt man, wenn man sich diese drei Sets anhört, dass bei einem Auftritt von Arts & Leni jede Menge Feierpotential erwartet werden darf und es durchaus die Möglichkeit gibt, sich auf der Tanzfläche mal ordentlich die Beine zu vertreten. Denn Schlaftabletten-Style ist hier unter keinen Umständen angesagt.
Aber was will uns dieser Text nun eigentlich sagen? Ganz einfach, alle gehen jetzt sofort auf YouTube und hören fleißig den Sound von Arts & Leni. Und erst wenn ihre Videos mehr Klicks haben als der verfluchte „Gangnam Style“ wird damit aufgehört…